| "Sydenham-Trance" |
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Die "Sydenham-Trance"
Thomas Sydenham war ein grosser, englischer Arzt. Er lebte von 1624 bis 1689, und schon zu Lebzeiten wurde er als der "englische Hippokrates" bezeichnet. Nach ihm ist auch eine neurologische Erkrankung benannt. Mit Hypnose hatte er direkt nichts zu tun, allerdings hat er einen eminent tiefsinnigen Satz geprägt, der die gesamte ärztliche Ethik auf den Punkt bringt. Dieser Satz ist nicht nur allgemein von grosser Bedeutung, für uns Hypnosetherapeuten hat er einen besonderen Wert, weil er Ausgangspunkt für eine wertvolle, stimulierende Trance geworden ist. Diese "Sydenham-Trance»" ist nicht eigentlich für die direkte Arbeit mit Patienten gedacht, sondern als Selbstsupervision für den Therapeuten, also für Sie.

Der Satz von Sydenham
Hier also das Credo von Thomas Sydenham:
"Ich habe nie einen Patienten anders behandelt als
wie ich in seiner Lage von meinem Arzt hätte behandelt werden wollen."
Präzis bringt dieser Satz in wenigen Worten alles zusammen, was den Arzt von einem Mediziner unterscheidet. Als Mediziner verfügt man über ein umfangreiches, Cochrane-taugliches, wissenschaftliches Wissen und wendet es bestmöglich auf seine Patienten an. Ein Arzt ist weit mehr. Natürlich ist er auch Mediziner, aber als Arzt lässt er sich – dosiert – mitmenschlich einfühlend in das Leiden seiner Patienten ein, und sein Handeln leitet sich aus dieser "Resonanz" ab. (Somit ist ein Arzt sicher nicht das, was die heutigen Gesundheitsökonomen absurderweise aus ihm machen wollen: ein gewöhnlicher Leistungserbringer für gewöhnliche Leistungsbezüger …)
Wer sich als Arzt1 auf Sydenhams Ethik einlassen will, muss sich als Erstes mit bedingungsloser Ehrlichkeit der Frage stellen, was der Patient wirklich von ihm braucht und erwartet. Da reicht es nicht, einfach den Patienten danach zu fragen. Denn vieles – häufig das Wichtigste – ist er gar nicht in der Lage zu formulieren. Die Antwort dazu muss der Arzt also in sich selber suchen. Sydenhams Satz liefert dafür einen sicheren Schlüssel: die Identifikation mit der Lage des Patienten. Was auf den ersten Blick als einfach zu lösende Aufgabe aussieht, erweist sich schnell als vielschichtiges Problem.
Die Lage eines Patienten erklärt sich nämlich nicht nur aus dem Namen seiner Krankheit, sondern aus seinem Kranksein, dem damit verbundenen Leiden und den krankheitsbezogenen Ängsten. Naturgemäss verändert und verzerrt Krankheit auch Wahrnehmung und Kognition, sei es aus organischen Gründen oder als "Negativtrance", was für den Patienten eine rationale Einschätzung seiner eigenen Lage einschränkt. Dazu kommt, dass parallel dazu die Position des Hilfesuchenden zwangsläufig im Patienten weitere Emotionen weckt, insbesondere eine zweite, personenbezogene, auf den Arzt gerichtete Art von Angst, die durch Ausgeliefertsein und Abhängigkeitsgefühl bedingt wird. Diese Angst weiss sich oft sehr gut hinter "unsympathischen" Fassaden wie Misstrauen, Passivität, Non-compliance oder Arroganz zu verstellen. Diese wirken nicht als primäre Aktivatoren ärztlicher Empathie …
Es gibt auch Faktoren im Arzt selber, welche das Erfassen der Lage des Patienten behindern: starre Vorstellungen, wie ein "guter" Patient sich zu verhalten hat, oder theoretische Denkvorgaben, die er für richtig hält, die aber der realen Situation nicht unbedingt gerecht werden, oder unbewusste, eigene Angst vor der Krankheit des Patienten, oder andere berufsbedingte oder persönliche Sichteinschränkungen. Er kann sich auch je nach dem in der Beziehung zum Patienten verletzt fühlen, wenn dieser ihn nicht so positiv sehen will, wie er möchte. Immer läuft er dann Gefahr, sich von Illusionen über sein Gegenüber irreleiten zu lassen, letztlich um sich zu schützen.
Ganz so locker und selbstverständlich läuft für den Arzt die Identifikation mit der Lage des Patienten also nicht, insbesondere wenn er diesen Zustand nicht aus eigener Erfahrung selber kennt. Er muss sich dann rein auf seine Phantasie verlassen, was dann seine wissenschaftliche Identität wiederum irritieren kann. Als wundervolles Hilfsmittel hierfür drängt sich förmlich die … Hypnose auf!
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1 dasselbe gilt logischerweise auch für Therapeuten
Eine einfache Selbst-Supervisions-Hypnose
Eine Selbsthypnose kann uns schnell aus dem Fangnetz unserer gewohnten Denkschemen befreien. Sie löst uns aus dem ständigen Bezug zur äusseren Realität heraus, um uns in den Raum der inneren Wirklichkeit zu versetzen. Dort wartet unser eine Fülle unbewusst gebliebener Wahrnehmungen, die endlich dem Bewusstsein in der Form von Phantasiebildern sichtbar werden. Hier finden wir also Zugang zu viel subtileren Informationen als im Wachzustand.
Für diesen Vorgang schlägt die Technik der "Sydenham-Trance" eine einfache und systematische Struktur vor.
Die Sydenham-Trance: Das Rezept

1. Man schliesse die Augen und lasse sich auf vertraute Weise in Trance gleiten.
2. Man lasse innerlich das Bild einer Bühne aufkommen.
3. Alsdann lasse man einen Patienten auf dieser Bühne auftreten und beobachte ihn genau, möglichst mit allen Details.
4. Sodann schlüpfe man in seine Haut, indem man sich alle Details seiner Erscheinung buchstäblich aneignet.
5. Nun stelle man sich die Frage, wie es einem selber in der Haut des Patienten ergeht, und welche Erwartungen jetzt an den Arzt/Therapeuten (also Sie selber) aufkommen.
6. Schliesslich kehre man in die eigene Haut zurück und frage sich, wie diese mutmasslichen Erwartungen des Patienten auf einen wirken.
1. Induktion
Der Weg, wie Sie in Trance sinken wollen, ist gänzlich Ihnen überlassen. Gehen Sie so vor, wie Sie es aus Ihren besten Erfahrungen kennen. Als hilfreich haben sich beispielsweise der Körperspaziergang oder die Raumfüllübung (s. Texte "Raumfüller") bewährt.
2. Die Bühne
Stellen Sie sich jetzt eine Bühne vor, eine Freilichtbühne, eine Theaterbühne oder sonst einen Schauplatz.
Nehmen Sie sich ausgiebig Zeit, diese Bühne in Ruhe so genau zu betrachten, wie es Ihnen möglich ist: Grösse, Vorhang, Höhe, Umgebung… Seien Sie dabei neugierig.
3. Der Patient
Lassen Sie nun einen Patienten auf dieser Bühne erscheinen. Egal, ob Sie einen bestimmten Patienten im Voraus ins Auge gefasst haben, dessen Therapie vielleicht stockt, oder ob Sie es vorziehen, sich überraschen zu lassen, wer jetzt auftritt.
Betrachten Sie ihn nun so detailliert, wie es Ihnen gelingt. Es geht aber hierbei nicht darum, ein fotographisch möglichst genaues Abbild des Patienten zu produzieren. Im Gegenteil, lassen Sie sich überraschen, wie Ihr Unbewusstes ihn jetzt in Ihren Bildern gestaltet. Die unerwarteten Unterschiede zur Realität sind dabei besonders interessant. Schenken Sie deshalb möglichst allen Details seiner Erscheinung Beachtung und bleiben Sie neugierig.
Eine Auswahl von Fragen, die Sie sich stellen können:
• Wo steht er auf der Bühne? Hat sich die Bühne vielleicht verändert, jetzt wo er darauf erschienen ist? Sehe ich neue Kulissen?
• Wie ist seine Körperhaltung? Sitzt er? Steht er? Aufrecht oder gekrümmt? Wie ist seine Körpergrösse? Wie bewegt er sich, wenn überhaupt? Hat er Schmerzen?
• Wie ist sein Körperausdruck? Wohin schaut er? Sieht er mich? Wie präsent ist er auf der Bühne?
• Wie sieht seine Kleidung aus? Passend zu seinem Wesen?
• Was sehe ich von seinem Gesicht? Mimik? Gibt es da charakteristische Details wie eine auffallende Nasen- oder Mundform? Frisur? Schnurrbart? Brille?
• Wie sind seine Augen? Farbe? Form? Was drücken sie aus? Schauen sie mich an oder ignorieren sie mich?
• Wie klingt seine Stimme? Wie ist seine Art zu sprechen?
• Dünstet er einen Geruch aus? Schweiss? Parfüm? Mundgeruch?
• usw.
Nun steht vor Ihnen ein recht detailliert herausgearbeitetes Bild Ihres Patienten. In einer verbildlichten Interpretation seiner äusseren Erscheinung hält es Ihnen einen Spiegel Ihrer unbewussten Wahrnehmung vor. Und während der Zeit des Entstehens ist in Ihnen Einiges an innerer Arbeit geschehen…

4. In seine Haut schlüpfen
Treten Sie jetzt selber auf die Bühne, an die Stelle, wo Ihr Patient steht, und schlüpfen Sie Schritt für Schritt in seine Haut, so dass Sie sich – in assoziierter Form – in seine Befindlichkeit gewissermassen einschleichen, sich dabei immer aufmerksam fragend: "Wie geht es mir dabei?". Hierzu können Sie wieder die obige Liste von Fragen verfolgen.
- Stellen Sie sich genau an den Ort, wo er steht, mit derselben Umgebung um sich herum. Schauen Sie um sich herum. Wie fühlen Sie sich dort, umgeben von dieser Kulisse? Oder hat sich diese jetzt gerade geändert? Das wäre ja interessant.
- Nehmen Sie in Gedanken möglichst konkret und exakt seine Körpergrösse und seine Körperhaltung ein, und versuchen Sie dabei physisch zu spüren, wie sich eine solche Pose auf Ihr Befinden auswirkt. Bewegen Sie sich in der gleichen Art wie er – sei es rein mental oder andeutungsweise auch körperlich – und seien Sie neugierig, was das in Ihnen auslöst.
- Versuchen Sie zu spüren, wie sich seine Schmerzen auf Ihr Gemüt auswirken.
- Versuchen Sie, dieselbe (vielleicht auch fehlende) Bühnenpräsenz herzustellen. Wie fühlt sich das an?
- Ziehen Sie sich seine Kleider an. Wie wohl fühlen Sie sich dabei? Oder weshalb würden Sie sich nie so kleiden?
- Äffen Sie ungeniert seine Mimik nach. Versuchen Sie aber dabei respektvoll nachzuempfinden, wie man sich eigentlich fühlt, wenn man diesen Ausdruck nach aussen trägt: Wie würde sich seine Haken- oder Stupsnase in Ihrem Gesicht nach innen und nach aussen auswirken? Stellen Sie sich vor, Sie hätten links und rechts seine abstehenden Ohren oder sein fliehendes Kinn.
- Was müssten Sie ausdrücken wollen, um sich seinen borstigen Schnurrbart wachsen zu lassen oder um sich eine Frisur wie die seine zu komponieren? Oder schauen Sie einmal durch seine dicke Hornbrille in die Welt.
- Wie fühlen Sie sich mit seinen zusammengekniffenen, oder weit aufgerissenen oder seinen ausdruckslos müden Augen im Gesicht?
- Wie gefallen Sie sich mit seiner tiefen, vollen, oder mit seiner piepsenden, oder dünnen, tonlosen Stimme? Was löst es in Ihnen aus, wenn Sie versuchen, in seinem Tonfall, mit seiner Monotonie oder mit seiner verworrenen oder kargen Formulierungsart zu reden?
- Schliesslich, würden Sie sich mit seiner natürlichen oder künstlichen Ausdünstung wohl fühlen?
- Was geschieht in Ihnen, wenn Sie sich selber (die Person, die Sie in Wirklichkeit sind) ganz konkret durch seine Augen mustern?
Dies war nun quasi ein umfangreicher «Immersionsunterricht» in seine Lebenslage. Vielleicht können Sie ihn nun besser verstehen, vielleicht haben Sie ihn jetzt gefühlsmässig eine Spur präziser erfasst. Doch als heimlichen Nebeneffekt haben Sie auch eine Menge über sich selber erfahren …
5. Die Gretchenfrage
Aus dieser sehr intimen Identifikation mit dem Patienten heraus ergibt sich die nächste, die wegweisende Doppelfrage:
- "Wie geht es mir in seiner Lage?" Natürlich wird Ihre Empfindung nicht zwingend eins zu eins die sein, wie es dem Patienten in Wirklichkeit ergeht. Aber Sie haben sich an seine Gemütslage so nahe herangepirscht, wie es sonst kaum möglich ist.
- Aus dieser veränderten Perspektive stellen Sie sich jetzt die zentrale Frage: "Was wünsche ich mir, was brauche ich, was erwarte ich von diesem Arzt eigentlich?" (gemeint sind Sie!). Genau genommen stellen Sie sich diese Frage selber, aber aus der ganz speziellen Optik der Identifikation heraus.
Achten Sie sich, dass Sie beide Fragen in möglichst authentischer Weise als "Patient" stellen, und nicht mit einer bestimmten, eigenen Erwartung. Seien Sie dabei nur neugierig, was herauskommt. Die Antworten konfrontieren Sie vielleicht damit, dass die Erwartungen Ihres Patienten nicht genau mit Ihren Vorstellungen übereinstimmen. Dann wird es richtig spannend und bereichernd. Es kann aber auch sein, dass Sie die Bestätigung erhalten, richtig zu liegen. Dann wird Ihnen noch deutlicher, was auf diesem Weg weiterhin zu tun ist.
6. …schliesslich die nicht unwichtige, letzte Frage
Kehren Sie nun in Ihre "Originalform" zurück, in den Arzt bzw. in den Therapeuten, und erspüren Sie nun, wie die so gewonnenen Erwartungen an Sie als Therapeut bei Ihnen ankommen. Berührt? Erschüttert? Beunruhigt? Ermutigt? Angewidert? Traurig?... Je unerwarteter Ihre Reaktion desto fruchtbarer. Dies darf Sie aber nicht verunsichern, denn diese Übung hat Ihre therapeutische Kreativität so stimuliert und entfesselt, dass sie gewappnet ist, einer neuen Situation eine neue Antwort zu liefern.
Ein wichtiger "technischer" Hinweis
Fragen Sie sich bei den verschiedenen Stationen nicht danach, wie sich der Patient fühlt, sondern wie es Ihnen bei der Identifikation geht. Dies macht einen wichtigen Unterschied: Im ersten Fall setzen Sie sich nicht nur ein unerreichbares Ziel, sondern auch Ihre Optik wird falsch, denn sie verharrt in einer Betrachtung des Patienten von aussen. Eine wirkliche, selbstsupervisorische Einsicht aber erfordert eine emotionale Partizipation des Therapeuten.
Wenn Sie das Verständnis der Methode noch vertiefen möchten
Schon im ersten Teil der Übung, während Ihrer Konstruktion des inneren Abbildes des Patienten, geschehen mehrere fundamentale Dinge:
- Das innere Bild, das sich in Hypnose ausformt, lässt Ihre Vorurteile und die schnellen Rationalisierungen Ihres bewussten Denkens weitgehend fallen. Dafür reichert es sich mit unbewussten Wahrnehmungen an, was ihm letztlich viel mehr Wirklichkeitsnähe verleiht. Klingt vielleicht paradox, aber stimmt.
- Gleichzeitig bleibt dieser kreative Akt nicht ohne Wirkung auf Sie persönlich als Arzt. Mit der Suche nach einem neuen Bild zum Patienten stellen Sie auch grundsätzlich sich selber in Frage: "War meine bisherige Wahrnehmung richtig?" Sie bereichern sich dadurch selber mit der Entdeckung neuer, eigener Erforschungswege. Entsprechend wächst auch jedes Mal ihr ganz persönlicher Lebenserfahrungsschatz als Therapeut und Mensch.
- Diese Veränderung in Ihnen wirkt sich auch indirekt auf die Beziehung zum Patienten aus: Ein verändertes Bild führt zwangsläufig zu einer veränderten Beziehung. Auch Ihr neuartiges Interesse an seiner Lage bringt Sie ihm innerlich näher. Und noch mehr: Indem Sie seine Lage auf sich wirken lassen, werden Sie ihm in einem gewissen Sinn "ähnlicher". Homöopathen erkennen hier natürlich das Prinzip des "Similia similibus", "heile Ähnliches mit Ähnlichem".
- Im Übrigen war allein Ihre Anstrengung schon therapeutisch …
Verwirren mag, dass Sie sich mit rein äusserlichen Anzeichen des Patienten wie Körperhaltung, Nasenform, Kleidung etc. identifizieren sollen, wo Sie sich doch in seine Innenwelt hineinversetzen wollen.
- Gerade aber diese Auslassung des "Inneren" wirkt als mächtige Einladung, ja als Sog, das leere, äusserliche "Gefäss" zu füllen. Dies tun Sie automatisch mit dem eigenen, einfühlenden, kreativen, illustrativen Inhalt Ihrer Bilder.
- Durch die genaue Beobachtung des äusseren Ausdrucks wird auch die Versuchung gebannt, vorschnell aus der abstrakt verstandenen Lebenslage des Patienten allgemeine Schlüsse über seine Emotionen zu ziehen ("In einer solchen Situation wird man einfach wütend.", "Da hat jeder Angst.").
Das Äussere, besonders wenn es vom Durchschnitt abweichende Merkmale zeigt, prägt unausweichlich, wenn auch indirekt, die Grundbefindlichkeit eines Menschen.
- Wer mit besonders hohem Köperwuchs, abstehenden Ohren, einem Überbiss oder einem Klumpfuss geboren ist, sieht sich nicht nur von Kindheit an bestimmten, prägenden Reaktionen ausgesetzt, sondern entwickelt auch ein entsprechendes Körperschema. Beides wirkt formend auf seine Persönlichkeit und seine Entwicklung, wenn auch häufig unbemerkt.
- Auch die frei gewählte Aufmachung, – ob sich jemand in wallenden Gewändern präsentiert, mit wehender, durch nichts eingeschränkter Haarpracht und einer Wolke von Patschuliduft durch die Welt schwebend, oder ob jemand kahlrasiert, durchtätowiert, an Nase und Lippe beringt und mit einem Totenkopf-T-Shirt seinen Mitmenschen das Grausen zeigen will – sie wirkt nicht nur nach aussen, sondern ebenso nach innen auf die Befindlichkeit.
Bedauerlicherweise für Rationalisten kann das im Arzt entstandene Bild einen Patienten nie mit photographischer Exaktheit widergeben.
- Für supervisorische Zwecke hingegen ist eine kraftvolle Karikatur, mit wenigen Strichen gezeichnet, viel nützlicher, denn sie erfasst viel schneller und präziser das Wesen einer Person als das beste photographische Portrait.
Zum Schluss eine kurze, alltägliche und leider wahre Anekdote
Ganz kürzlich geschehen: Der Fuss ist verstaucht, und das Bild zeigt einen Sehnenabriss. Die Corona der vier Chirurgen fällt das Urteil: Operieren. Der Patient erbleicht bei der Vorstellung des Skalpells und sucht verzweifelt einen Fluchtweg: «Ich möchte eine Zweitmeinung einholen.» Das war falsch, denn der Eine dieser Chirurgen platzt: «Hier haben Sie die besten Chirurgen, und wir wissen, was wir zu tun haben! Wir haben das viele Jahre studiert und umfangreiche Erfahrung. Wenn Sie nicht wollen, können Sie gehen!» Inhaltlich richtig: Es war der Chefarzt, nicht unbekannt in seinem Fach. Nur, der Verletzte wusste es nicht, denn dieser hatte sich nicht vorgestellt. Jetzt muss der Patient sich entschuldigen, und besser geht es ihm deswegen beileibe nicht. Was denken Sie: Wie hätte Sydenham an der Stelle des Chirurgen reagiert?

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s. Diskussionsbeiträge (Home -> Diskussion)
17.07.2019 Dr.med. Wolfgang Ladenbauer
22.07.2019 Dr.med. Heini Frick
18.06.2021 – 26.07.2021 Dipl.-Psych. Sigtraud Hopfstock